Häufig begegnen wir netten und hilfsbereiten Menschen, die selten nein sagen. Oder wir sind selbst so ein netter und hilfsbereiter Mensch. Wir haben dann das Gefühl sehr beliebt zu sein. Stimmt auch. Und warum? Weil wir anderen Menschen damit das Leben sehr angenehm und leicht machen, indem wir ihnen alles abnehmen. Nur welchen Preis zahlen wir dafür?
„Wenn du zu einer Sache ja sagst, heißt das, dass du zu ganz vielen anderen Dingen nein sagst.“ – Unbekannt
Der Preis ist tatsächlich sehr hoch: Wir leben nicht mehr unser eigenes Leben, wenn wir ständig zu den Wünschen und Bitten der anderen ja und niemals nein sagen. Wir stellen unser Leben hinten an mit unseren Zielen, Wünschen und Bedürfnissen und opfern einen Großteil unseres Lebens für das der anderen.
Und warum das Ganze?
Häufig nur, weil wir Angst vor Zurückweisung haben, davor jemanden zu verletzen oder einfach damit wir von den anderen Anerkennung und Liebe bekommen.
Nur wie gelingt es, nach den eigenen Bedürfnissen und Wünschen zu handeln und ohne Angst vor möglichen Konsequenzen nein zu sagen?
Die Angst vor den Konsequenzen eines Nein
Die Angst vor den Konsequenzen und die Angst vor der Ablehnung, wenn man nein sagt, führen also oftmals dazu, dass wir Bitten erfüllen, die wir eigentlich gar nicht erfüllen wollen.
Doch es ist weder herzlos noch egoistisch, wenn du für dich selbst einstehst und nein sagst. Im Gegenteil: du ermöglichst es dir so, dein nach deinen eigenen Vorstellungen zu Leben zu leben und so glücklich und erfüllt zu sein.
♥ Siehe auch: Egoismus oder Selbstliebe? Diese 2 Fragen solltest du dir stellen!
Dieses Glück wirst du dann auch ausstrahlen, was wiederum Menschen in dein Leben zieht, die dich lieben und schätzen, einfach weil du so bist wie du bist, ohne dass du irgendetwas dafür tun musst.
♥ Siehe auch: Wie kann ich authentisch sein? Eine Anleitung in 4 Schritten.
Schritt für Schritt zum bestimmten – aber höflichen – „Nein“
1. Analysiere die aktuelle Situation
Der erste Schritt, um aus diesem Teufelskreis des Ja-Sagens wieder herauszukommen, ist zunächst einmal die aktuelle Situation zu analysieren.
Warum sagst du oftmals lieber ja statt nein?
Ist es, weil du das Gefühl liebst gebraucht zu werden und unersetzlich zu sein? Oder vielleicht weil du geliebt werden möchtest, weil du viel für andere tust?
Tatsächlich führt das Ja-Sagen anfangs zu Bestätigung, Anerkennung und vermeintlicher „Liebe“ sowie positiven Reaktionen von den Menschen, denen du einen Gefallen tust.
Nach einiger Zeit jedoch, wenn du den Menschen in deiner Umgebung einen Gefallen nach dem anderen tust, entsteht eine klassische Abwärtsspirale:
Die anderen gewöhnen sich daran, dass du zu allem und jedem ja sagst und so summieren sich die Gefälligkeiten schnell. Gleichzeitig schwindet jedoch die erwünschte Bestätigung und Anerkennung, weil das Erfüllen der Bitten für die anderen normal geworden ist.
Beginnst du an diesem Punkt nein zu sagen, werden die Menschen in deiner Umgebung vermutlich irritiert und verärgert reagieren, weil sie sich bereits an das ja von dir gewöhnt hatten.
Oftmals scheitert der Versuch Grenzen zu setzen an diesem Punkt, weil man ja niemanden verärgern oder verletzen möchte. Also macht man lieber so weiter wie bisher.
Kommst du an diesem Punkt nicht weiter, dann wird dir der zweite Schritt helfen.
2. Was ist dir wichtig?
Frage dich, was dir wirklich wichtig ist im Leben. Was sind deine Bedürfnisse, Wünsche und Ziele? Wie möchtest du leben? Wie soll dein Berufsleben und wie dein Privatleben aussehen?
Je genauer du das weißt, desto so leichter wird es dir fallen, ja zu dir selbst und nein zu den Wünschen der anderen zu sagen.
3. Formuliere heilsame neue Glaubenssätze
Mach dir bewusst, dass nein sagen absolut in Ordnung ist und Teil eines jeden gesunden Lebens. Die meisten Menschen werden dir Verständnis für ein Nein entgegen bringen, weil sie auch selbst öfter mal nein sagen und für sich selbst einstehen und ihren Wünschen und Bedürfnissen folgen.
Es wird natürlich auch mal passieren, dass jemand das nicht versteht. Na und? Willst du deswegen bis an dein Lebensende zurückstecken, nur damit die anderen nicht sauer oder enttäuscht sind?
Wenn dich also unheilsame Glaubenssätze wie „Ein Nein macht einsam.“, „…ist unhöflich.“, „ … verletzend.“, „ … bringt mich in Teufels Küche…“ davon abhalten, für dich einzustehen, kannst du dich von ihnen befreien, indem du sie durch neue ersetzt.
Heilsame Glaubenssätze, die du verwenden kannst, sind:
„Wenn ich nein sage, sage ich gleichzeitig ja zu dem, was mir wirklich wichtig ist.“
„Ich respektiere mich, also respektiere ich auch meine Zeit und Energie.“
„Leistung bedeutet nicht Liebe.“
„Ein Nein zerstört nicht mein Ansehen, sondern verschafft mir Respekt.“
„Wenn ich nein sage, bin ich kein Egoist.“
„Helfe ich jemandem, dann tue ich das aus freien Stücken und echter Zuneigung mit vollem Einsatz, anstatt halbherzig aus Pflichtgefühl.“
Wenn du diese heilsamen Glaubenssätze in dir verankern möchtest, hilft es, wenn du sie regelmäßig wiederholst. Zum Beispiel morgens nach dem Aufstehen oder abends vor dem Zubettgehen. Wenn du das direkt vor der Meditation tust, ist es sogar noch wirksamer und die Glaubenssätze werden noch tiefer in deinem Unterbewusstsein verankert.
♥ Siehe auch: Wie geht eigentlich Meditieren? So lernst du es ganz einfach in 6 Schritten.
4. Das „Wie“ ist entscheidend
Es gibt natürlich verschiedene Arten nein zu sagen. Daher ist es wichtig zu wissen, wie du das auf heilsame Art und Weise tun kannst.
Im Folgenden habe ich dir ein paar Tipps für ein heilsames Nein zusammengestellt:
- Sei respektvoll und wertschätzend
Bring deinem Gegenüber Respekt und Wertschätzung entgegen. Wenn du zum Beispiel sagst: „Ich finde es großartig, was du machst und würde dir gerne helfen, aber im Moment habe ich dafür leider keine Zeit.“, kann dein Gegenüber das nachvollziehen und verstehen, dass das Nein nicht persönlich gemeint und gegen ihn gerichtet ist.
- Fasse dich kurz und kommuniziere klar und verständlich
Drücke dich kurz, knapp und verständlich aus. Mit einem „Hmm. Also ich weiß noch nicht so genau. Wahrscheinlich nicht.“ kann niemand etwas anfangen.
- Begründe dein Nein bei Bedarf
Die Angabe eines Grundes für dein Nein kann die Akzeptanz bei deinem Gegenüber steigern. Denn so kann er nachvollziehen, warum du seine Bitte ablehnst. Gemeint sind hier keine langen Erklärungen, Ausreden oder Rechtfertigungen, sondern ein klar nachvollziehbarer Grund für den anderen. Zum Beispiel „Ich habe im Moment leider einfach keine Zeit dafür.“
- Sei ehrlich
Die Wahrheit ist immer der beste Weg, jemandem abzusagen und eine Lüge ist nicht nur respektlos, sie wird dich früher oder später auch einholen. Daher ist es ratsam auf Lügen und Ausreden zu verzichten.
- Biete je nach Situation eine Alternative an
In manchen Fällen möchtest du vielleicht gerne zusagen, aber du hast keine Zeit. Dann kannst du eine Alternative anbieten: „Heute Abend habe ich leider keine Zeit zu telefonieren, aber am Samstag.“ Oder du schaffst es nicht, beim Umzug zu helfen, kennst aber jemanden, der vielleicht Zeit und Lust hat zu helfen? Dann biete deinem Gegenüber doch an, den Kontakt herzustellen.
- Wähle den Kanal aus, mit dem du dich am wohlsten fühlst
Für ein Nein gibt es keine Vorgaben, welchen Kanal du dafür nutzen solltest. Nutze einfach den Kanal, mit dem du dich persönlich am wohlsten fühlst. Das kann eine SMS, E-Mail, ein Telefonat oder eben auch persönlich sein.
- Lass dich nicht zu einem Ja überreden
Du hast deine Meinung und nein heißt nein. Trotzdem wird es Menschen geben, die versuchen werden, dich zu einem Ja zu überreden. Wichtig ist, dass du jetzt standhaft bleibst und das Nein gegebenenfalls ruhig, freundlich und bestimmt wiederholst.
5. Übung macht den Meister
Im letzten Schritt ist es wichtig anzufangen das Nein sagen zu üben. Du kannst mit verschiedenen Dingen in deinem Alltag beginnen.
Eine Freundin fragt dich, ob du abends Zeit hast zum telefonieren, aber du wolltest dir einen gemütlichen Abend alleine zu Hause machen mit deinen Lieblingsserien ohne Telefonate? Dann probiere es doch mal aus und sag ihr, dass du abends keine Zeit hast, aber dass ihr gerne an einem anderen Tag telefonieren könnt.
Dein Chef bittet dich noch eine Extraaufgabe kurz vor deinem wohlverdienten Feierband zu erledigen, aber du wolltest pünktlich zu deinem Yogakurs? Dann sage ihm ganz klar, dass du das nicht schaffen wirst, weil du pünktlich gehen möchtest aufgrund eines privaten Termins.
Wenn du mit solcher Klarheit kommunizierst und genau weißt, was du willst, dann findet sich in solchen Situationen erstaunlicherweise häufig auch eine andere Lösung, oder die Aufgabe ist dann auf einmal doch nicht so wichtig wie der Chef es vorher kommunizierte.
Selbst wenn deine Freundin oder dein Chef dann unzufrieden oder verärgert sein sollten, ist es heilsam nein zu sagen. Sie werden mit der Zeit lernen deine Grenzen zu akzeptieren und mit dem Nein hast du Ja zu dir selbst gesagt. Dafür kannst du sehr stolz auf dich sein.
Du wirst auch merken, je öfter du das tust, desto weniger Angst wirst du haben nein zu sagen.
Bist du jetzt motiviert das Nein sagen zu üben?
Dann erstelle doch einfach eine Liste mit all den Dingen, auf die du schon lange keine Lust mehr hast. Anhand dieser Liste kannst du wunderbar das Nein sagen üben und dir darüber klar werden, was dir wirklich wichtig ist.
Nervt dich zum Beispiel deine Aufgabe im Verein als Kassenwart? Dann befreie dich davon und lege das Amt nieder. Es wird jemand anderen geben, der das gerne macht und vielleicht nur darauf gewartet hat, dass die Position frei wird.
♥ Siehe auch: Raus aus dem Hamsterrad: Diese 5 Schritte ändern dein Leben
Oder gibt es vielleicht E-Mails in deinem Postfach, die schon seit Monaten darauf warten, von dir beantwortet zu werden? Hattest Du ein schlechtes Gewissen, eine Absage zu erteilen und hast lieber in Kauf genommen, dass die E-Mails wie Steine in deinem Magen liegen? Das sind ebenfalls fantastische Gelegenheiten das Nein sagen zu üben.
Benötigst du individuelle Hilfe, um dich besser abgrenzen und leichter nein sagen zu können?
Dann vereinbare doch jetzt einfach einen persönlichen Termin mit mir und ich unterstütze dich in dem Prozess.
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